Pressekonferenz

Material zur Pressekonferenz am 18.10.2013

Ergebnisse der Untersuchung

Die Untersuchung von Gebetsräumen und Moscheen in Hamburg wurde im Auftrag der drei Islamischen Religionsgemeinschaften SCHURA, DITIB und VIKZ im Zeitraum von Januar bis März 2013 durchgeführt. Es wurden 42 Moscheegemeinden befragt, in deren Räumen täglich gebetet wird.

Die Gespräche vor Ort mit den haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern machten deutlich, dass fast jede Moschee einen großen Bedarf an zusätzlichem Raum hat. Zum einen für eine würdevolle Ausführung des Freitagsgebets: fast alle Moscheen können ihre Gläubigen zum Freitagsgebet nicht in ihren Räumlichkeiten aufnehmen. Die jungen islamischen Gemeinden haben insgesamt zum Freitagsgebet etwa so viele Besucher wie die christlichen Kirchen zum sonntäglichen Gottesdienst. Die Räume sind mehrfach überbelegt und die Gläubigen beten auch auf Fluren, Kellern, Höfen und Vorgärten.

Zum anderen für die Kinder- und Jugendarbeit, die weit über den Koranunterricht hinausgeht. Hier ist der Raummangel evident. Die Moscheegemeinden übernehmen hier Verantwortung bei der Integration in das gesellschaftliche Leben in Hamburg, indem sie Jugendlichen ein religiöses, kulturelles und soziales Zuhause geben und ihnen beratend in allen Lebensfragen zur Seite stehen. Die Arbeit in den Moscheegemeinden wird fast durchgängig ehrenamtlich mit großem Engagement ausgeführt.

Moscheen gelten vielerorts als Räume für Männer. Außerhalb des Freitagsgebetes werden bisher auch die Muslima angesprochen. Viele Moscheen haben eigene Frauenvorstände und eine selbständige Frauenarbeit. In der Kinder- und Jugendarbeit sind in vielen Gemeinden die Mädchen und jungen Frauen in der Überzahl. Es wächst allerdings der Wunsch in den Gemeinden, eigenständige Gebetsräume für die Frauen anzubieten.

Über die Arbeit innerhalb ihrer Gemeinde hinaus engagieren sich zahlreiche Moscheen in Stadtteilbeiräten, interreligiösem Dialog und zum Beispiel bei Stadtteilbazaren und Straßenfesten.

Die Moscheen sind mit ihren vielfältigen Aufgaben und Angeboten Teil der gesellschaftlichen Realität der Stadt Hamburg geworden, was jedoch in der Öffentlichkeit nicht in dieser Deutlichkeit wahrgenommen wird. Sie sind kein Gegenstand von Stadt- oder Standortplanung und ihre baulichen Zustände sind diskriminierend. Dabei ist der Brandschutz überwiegend erfüllt und die meisten Moscheen sind auf dem jetzigen Stand planungsrechtlich zulässig. Veränderungswünsche scheitern jedoch am Planrecht, fehlendem Zugang zu Ansprechpartnern in Politik und Verwaltung und manchmal auch an fehlenden finanziellen Möglichkeiten.

Die Untersuchung stellt die innere und stadträumliche Situation der Moscheen dar, die Arbeitsschwerpunkte und baulichen Wünsche der Gemeinden. Sie wird ergänzt durch Portraits der Ansprechpartner und ihren jeweils ganz persönlichen Wünschen für die Gemeinde. Abschließend werden Hinweise gegeben zu den baulich größten Missständen und Notwendigkeiten sowie zur Entwicklung neuer Standorte für Moscheen in Hamburg.

 

Zahlen und Fakten

An den Gebeten nehmen werktags etwa 1.305 Gläubige teil (Schwerpunkte sind Mittags- und Abendgebet, im Mittel 31 an mindestens einem Gebet), am Freitagsgebet 12.208 (im Mittel 291 pro Gemeinde, d.h. von 70 beim Jugend Bildungsverein Bergedorf e.V. bis 1000 bei der Centrum Moschee oder noch mehr bei der Imam-Ali Moschee und der Al-Nour Moschee. An den beiden großen Feiertagen Fastenbrechenfest und Opferfest nehmen doppelt so viel Gläubige teil wie am Freitagsgebet: 25.220, im Mittel 600 pro Gemeinde.

Die Hauptsprachen beim Freitagsgebet geben Hinweise auf die Herkunftsländer: 24 Türkisch, 5 Arabisch, 4 Deutsch, 1 Dari, 2 Persisch, 2 Hausa. Jeweils in einer Moschee wird freitags in Albanisch, Bosnisch, Kodokoli und Urdu gepredigt. In immerhin weiteren 23 Moscheen gibt es Übersetzungen oder Zusammenfassungen in Deutsch.

Die 42 untersuchten Moscheen haben eine Gesamtfläche (Gebetsräume und Nebenräume, ohne Wohnungen und verpachtete Flächen) von 23.466 qm, das sind im Mittel 559 qm pro Moschee. Wenn man die drei größten Stadtmoscheen herausnimmt (Imam-Ali Moschee mit 2000 qm, Centrum Moschee mit 2000 qm und Mescid-i Aksa Moschee mit 1500 qm) ist die durchschnittlicher Größe immerhin noch 449 qm. Die kleinste Moschee befindet sich in Kirchdorf und hat eine Größe von 100 Quadratmetern.

Insgesamt sind 61 Imame hauptamtlich in Hamburgs Moscheen beschäftigt, dazu einige Imame ehrenamtlich. Des Weiteren existieren die Moscheegemeinden mit Hilfe einer sehr großen Zahl ehrenamtlich arbeitender Mitglieder, insgesamt wurden 626 aktive Gemeindemitglieder genannt, die verantwortlich sind für die Vereinsarbeit, die Finanzen, die Frauenarbeit sowie Kinder- und Jugendarbeit.

Die befragten Moscheen sprechen etwa 4.777 Kinder und Jugendliche an. Das sind im Durchschnitt 114 Kinder und Jugendliche pro Moschee.

Die Größe der Frauenräume wurde mit 3.560 qm in 42 Moscheen angegeben, d.h. 85 qm im Mittel pro Moschee. Gemessen an den Gesamtflächen sind das 15 % der Flächen

 

Die größten Bedarfe

Die größten Bedarfe für neue Moscheen sind nicht große repräsentative Moscheen. Wichtig sind dagegen gute Stadtteilmoscheen bzw. Stadtteilmoscheen mit zentraler Funktion für bestimmte Gruppen. Die Untersuchung zeigt die integrative und sozial gesamtgesellschaftlich wichtige Funktion einer Stadtteilmoschee, wenn diese in ihr Umfeld gut eingebunden ist.

Vordringlich sind unter diesem Aspekt folgende Projekte:

  1. Eine Stadtteilmoschee für Altona. Dies ist objektiv am relevantesten. Altona ist ein Stadtteil mit relativ hohem muslimischem Bevölkerungsanteil. Es gibt derzeit nur eine Moschee (VIKZ in Ottensen). Nobistor gehört zwar verwaltungsmäßig (gerade noch) zu Altona, räumlich eher zu St. Pauli. An der anderen Seite ist die nächste Moschee erst Eidelstedt. Hier ist dringender Handlungsbedarf. Optimal wäre ein Standort in der Neuen Mitte Altona, z.B. am aufzugebenden Lessingtunnel.
  2. Eine Stadtteilmoschee mit zentraler Funktion für die afrikanischen Muslime. Es gibt drei Moscheen (Rahma, Ansar-ul-Deen, Nasrul-Faida) mit diesem Hintergrunde, die aber alle räumlich sehr schlecht und beengt sind.
  3. Eine Stadtteilmoschee mit zentraler Funktion für DITIB. Am Borstelmannsweg lohnt aufgrund schlechter Bausubstanz keine Renovierung. Größe und Lage des Grundstückes wären für einen Neubau sehr gut, es steht aber der bestehende B-Plan im Wege.
  4. Eine Stadtteilmoschee mit zentraler Funktion für Marokkaner. Diese Gruppe ist in den letzten Jahren sehr gewachsen, verfügt aber derzeit über keine eigenen Moscheeräume. Es ist eine aufgrund zunehmender Größe wichtige Gruppe, die in einer funktionierenden Gemeinde gebunden und integriert werden muss.
  5. Räumlich von der Größe nicht ausreichend sind die Stadtteilmoscheen in Eidelstedt und Steilshoop. Diese haben ein großes Einzugsgebiet (der gesamte Nordwesten von Lurup bis Schnelsen bzw. der Nordosten von Fuhlsbüttel bis Poppenbüttel).
  6. In einem baulich unzumutbaren Zustand ist schließlich die Moschee schiitischer Libanesen in Veddel/Wilhelmsburg. Dies ist auch eine in letzter Zeit gewachsene Gemeinde mit erheblicher Aktivitätsausweitung.
    Angesichts der Komplexität der Planungs- und Entwicklungsaufgaben scheint es sinnvoll zu sein, einen Aufgabenbereich für eine Moscheen-Entwicklungsplanung in der BSU und den Bezirken einzurichten. Es wird empfohlen, einen Ansprechpartner für die Gemeinden bereitzustellen, der z.B. wie ein Wohnungsbaubeauftragter moderieren kann.